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Demo hat ein Nachspiel - Kommentar

Raimund Schorn-Lichtenthäler, Datteln

zum Artikel in der Dattelner Morgenpost vom 27.11.2020

"Demo hat ein Nachspiel"

"Verstoß gegen Versammlungsverbot: Polizei erstattet Anzeige"

Bereits im Jahr 1985 hat das Bundesverfassungsgericht mit dem sog. „Brokdorf-Beschluss“ die Behörden in ihre Schranken gewiesen (BVerfG, 14.05.1985, Az.: 1 BvR 233, 341/81).

Eine Sofortversammlung ist zulässig, auch wenn sie nicht angemeldet wird. Es liegt dabei gerade in der Natur einer Sofortversammlung, dass sie keinen Veranstalter aufweist und dass sie aus aktuellem Anlass spontan durchgeführt wird, sodass das Anmeldungserfordernis die gesamte Versammlung zunichte machen würde.

Das Recht des Bürgers, durch Ausübung der Versammlungsfreiheit aktiv am politischen Meinungs- und Willensbildungsprozeß teilzunehmen, gehört zu den unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens (Grundgesetz Art. 8 – Versammlungsfreiheit). Diese grundlegende Bedeutung des Freiheitsrechts ist vom Gesetzgeber beim Erlaß grundrechtsbeschränkender Vorschriften sowie bei deren Auslegung und Anwendung durch Behörden und Gerichte zu beachten.

Der Versuch der Polizei eine Spontanversammlung im Nachhinein mit einer Anzeige wegen eines vorgeblichen Verstosses gegen das Versammlungsgesetzes (§ 14 VersG) ins Unrecht zu rücken, zeigt nur auf, dass bei dieser Behörde ein erheblicher Fortbildungsbedarf in Sachen Schutz der Bürgerrechte existiert. In die Fortbildungsveranstaltung kann sich Bürgermeister Dora gleich mit einschreiben, dem es ein Anliegen war, öffentlich von einer nicht angemeldeten Versammlung zu sprechen.

Die Frage, ob und wie bei der Spontanversammlung gegen Corona-Auflagen verstossen wurde, wird hierbei nicht beantwortet. Dies zu klären ist Sache der Ordnungsbehörde, die während der Spontanversammlung offensichtlich keinen Grund sah einzugreifen.